Publication | PhD Thesis | Modellierung und Simulation
Model-based control of absorption heat pumping devices
Sandra Staudt
Published Dez. 2023
Citation: Staudt S. Model-based control of absorption heat pumping devices. 2023. 170 S.
Abstract
Absorptionswärmepumpenanlagen (AWPA, beinhaltet Absorptionswärmepumpen und –kältemaschinen), sind Anlagen, die hauptsächlich thermische statt elektrischer Energie nutzen, um Wärme und Kälte zu generieren. Dadurch wird die Nutzung von Abwärme und erneuerbaren Energiequellen wie Solarenergie in Heiz- und Kühlsystemen erleichtert. Trotz dieses Vorteils ist der Einsatz von AWPA nach wie vor stark eingeschränkt. Ein Grund dafür ist das Fehlen von Regelungsstrategien, die eine zufriedenstellende Regelgüte über einen weiten Betriebsbereich, insbesondere unter Teillast, bieten. Deshalb befasst sich diese Arbeit mit der Entwicklung eines neuen, modellbasierten Regelungsansatzes für AWPA, die den Betriebsbereich durch den Einsatz von Mehrgrößen-Regelungsmethoden (multi-input-multi-output (MIMO) Regelungsmethoden) erweitern kann.
Zunächst wird ein geeignetes dynamisches Modell abgeleitet, das im modellbasierten Regelungsansatz verwendet werden soll. Es handelt sich um ein physikalisch basiertes Modell mit modularer Struktur, was eine systematische Anpassung an verschiedene AWPA erleichtert. Um die Anzahl der Zustandsvariablen niedrig zu halten, werden nur diejenigen Masse- und Energiespeicher berücksichtigt, die zu Zeitkonstanten und Totzeiten führen, die für die spätere Regelungsaufgabe relevant sind. Das entwickelte Modell ist mathematisch einfach, hat jedoch die Struktur eines nichtlinearen differential-algebraischen Gleichungssystems. Als solches ist es sehr gut als Simulationsmodell geeignet um verschiedene Regelungsstrategien in der Simulation zu testen, aber es ist zu komplex für viele modellbasierte Regelungsmethoden. Um eine noch einfachere Modellstruktur zu erhalten, wird das Modell an einem Betriebspunkt linearisiert, was auf ein Modell in linearer Zustandsraumdarstellung führt. Die entwickelten nichtlinearen und linearen Modelle werden experimentell validiert und mit zwei alternativen Modellierungsansätzen als Benchmark verglichen. Ein Vergleich zwischen dem abgeleiteten nichtlinearen Modell und den Benchmark-Modellen zeigt eine höhere Genauigkeit für das neue Modell, sowohl stationär als auch dynamisch. Ein Vergleich zwischen dem abgeleiteten nichtlinearen und dem linearisierten Modell zeigt, dass das linearisierte Modell zwar eine etwas schlechtere stationäre Genauigkeit aufweist, die dynamische Genauigkeit jedoch durch die Linearisierung nahezu unbeeinflusst zu sein scheint. Das vorgestellte neue linearisierte AWPA -Modell gilt daher als geeignet, als Grundlage für den Entwurf des modellbasierten Regelansatzes verwendet zu werden.
Als nächstes wird dieses Modell verwendet, um einen neuen modellbasierten Regelungsansatz für AWPA zu entwerfen. Der neue Regelungsansatz kann für verschiedene AWPA-Anwendungen und damit für verschiedene Regelungskonfigurationen verwendet werden, d.h., verschiedene Kombinationen von Stell- und Regelgrößen. Er kann auch für redundante aktuierte Konfigurationen mit mehr Stell- als Regelgrößen verwendet werden, was die Erweiterung des Betriebsbereichs einer AWPA ermöglicht. Der Ansatz besteht aus einem Beobachter für die Zustandsvariablen und unbekannte Störgrößen, einem Zustandsregler und, im Falle von redundant aktuierten Konfigurationen, einem Algorithmus zur dynamischen Stellgrößenverteilung. Der vorgeschlagene Regelungsansatz wird experimentell für zwei verschiedene Regelungskonfigurationen validiert und mit zwei Benchmark-Ansätzen verglichen – einem Eingrößen-PI-Regler (Single-input-single-output (SISO) PI-Regler), der den Stand der Technik repräsentiert, und einem modellprädiktiven Regelungsansatz (model predictive control, MPC) als alternative fortschrittliche Regelungsmethode. Die experimentelle Validierung zeigt, dass die beiden MIMO-Regelungsansätze (der vorgeschlagene Zustandsregler und der MPC-Ansatz) einen erweiterten Betriebsbereich und somit eine bessere Teillastfähigkeit im Vergleich zum SISO-PI-Regler ermöglichen. Während MPC durch die Notwendigkeit zur kontinuierlichen Lösung eines Optimierungsproblems im Allgemeinen eine vergleichsweise hohe Rechenleistung benötigt, ist der vorgeschlagene Zustandsregler-Ansatz mathematisch einfach genug, um auf herkömmlichen speicherprogrammierbaren Steuerungen für AWPA implementiert werden zu können. Er wird daher als vielversprechender neuer Regelungsansatz für AWPA betrachtet, der die Möglichkeit bietet, ihren Betriebsbereich zu erweitern und ihre Teillastfähigkeit zu verbessern, was wiederum eine einfachere Einbindung in moderne Energiesysteme ermöglicht und somit die Nutzung nachhaltiger Wärmequellen für Heizen und Kühlen erleichtert.